Die Lebensversicherung war jahrzehntelang der Klassiker der privaten Altersvorsorge. Sinkende Renditen haben in den letzten Jahren aber an ihrer Attraktivität genagt und führen bei vielen Verbrauchern zu Fragen wie: soll man neumodische Policen kaufen und alte Verträge behalten, kündigen oder verkaufen? Die Antworten gibt es hier im aktuellen Lebensversicherungs-ABC mit einer Handlungsempfehlung für jeden Buchstaben.
Inhaltsverzeichnis
- A wie Abschlusskosten
- B wie Beitragsfrei stellen
- C wie Cash Lock
- D wie Dreitopf-Hybrid
- E wie Erhöhung
- F wie Fondspolice
- G wie Garantie
- H wie Hochrechnung
- I wie Indexpolice
- J wie Jahresbeitrag
- K wie Kündigung
- L wie Lebensversicherung
- M wie Mindestrente
- N wie Netto
- O wie schön!
- P wie Pflege
- Q wie Quatsch
- R wie Reste-Rampe
- S wie Standard-Riester
- T wie Twitter
- U wie unterkalkuliert
- V wie VWL
- W wie WWK
- X wie U
- Y wie YES
- Z wie Zins
A wie Abschlusskosten
Bei Verträgen, die älter als fünf Jahre sind, haben Sie die Abschlusskosten bezahlt. In der Regel sind das 4 % der bei Vertragsschluss vorgesehenen Beitragssumme. 100.000 Euro entsprächen also 4.000 Euro Kosten. Diese werden in den ersten fünf Jahren zu gleichen Teilen Ihrem Konto belastet (im Beispiel 5 x 800 Euro) und sind dann verloren. „Reinholen“ können Sie diesen Verlust nur durch jahrzehntelanges Abwarten, indem Sie auf Zinsen hoffen. Sie können in den ersten fünf Jahren nach Abschluss nur die Notbremse ziehen und kündigen und sparen dann anteilig Abschlusskosten. Prädikat: nicht empfehlenswert.
B wie Beitragsfrei stellen
Stellen Sie Ihre Police beitragsfrei, dann entfällt künftig Ihr bisheriger Beitrag. Zweitens führt der Versicherer intern eine Kündigung(!) durch: Ihrem Vertragsguthaben (bei dem bereits 4.000 Euro Abschlusskosten nie ankamen) wird ein Stornoabzug belastet. Der verbliebene Rest ist technisch zwar der Rückkaufswert. Dieser wird bei der Beitragsfreistellung aber nicht ausgezahlt! Tatsächlich bildet der Versicherer daraus eine Einmaleinlage und tut so, als hätten Sie diesen Betrag ursprünglich bei Vertragsbeginn cash eingezahlt. In Ihrem Policennachtrag steht dann eine gegenüber der Urpolice eine erheblich geringere „beitragsfreie Versicherungssumme“. Zinsen erhalten Sie künftig auf den Betrag des nicht ausgezahlten Rückkaufswertes. Prädikat: nicht empfehlenswert. Besser: bei vorübergehendem Engpass auf dem Konto die Beiträge für 6 oder 12 Monate stunden lassen.
C wie Cash Lock
Das ist eines der größten Probleme der Versicherer. Noch haben die Unternehmen etwas „Tafelsilber“ im Portfolio – höher verzinsliche Wertpapiere, mit deren Verkauf sie die Zinsen (Überschussbeteiligung) ihrer Kunden auf einem gewissen Niveau halten können. Aber mit jedem Verkauf oder dem Ablauf eines Wertpapiers müssen die Versicherer ein neues, sicheres Investment tätigen: bei Laufzeiten bis 7 Jahren zu quasi null Prozent Zins! Würde jetzt das Zinsniveau steigen, hätten die Versicherer keine freien Mittel, um eine 1% oder 2%-Anleihe kaufen zu können. Weil ihr Geld in Null-Prozent-Papiere „einbetoniert“ ist: Cash Lock genannt.
Prognose: Die klassische Lebensversicherung wird auch bei (eventuell!) steigenden Zinsen keinen Aufschwung erleben. Tipp: Auf Basis der jährlichen so genannten Standmitteilung rechnen, ob es lohnt, den Vertrag zu behalten. Pro-Tipp: Je höher der Garantiezins, desto lohnenswerter ist der Vertrag: behalten. Das betrifft speziell Policen mit Beginn um das Jahr 2000 mit 4 % Garantie. Für junge Leute lohnt die Lebensversicherung nicht mehr.
D wie Dreitopf-Hybrid
Was der Porsche Carrera am Stammtisch der Autofans, das ist die Dreitopf-Hybrid-Police der Lebensversicherung in den Fachrunden der Versicherungsvermittler. Die Experten können wunderbar erklären, dass hier zwischen einem sicheren Topf (Garantie) und einem rentablen Fonds und einem dritten Topf mit riskanteren Fonds die Versichertengelder intelligent hin und her geschoben werden und am Ende mehr Geld rauskommen soll. Nur verstehen die Kunden – und auch viele Vermittler – diesen Kapitalanlageprozess nicht. Tipp: Was du nicht verstehst, solltest du nicht kaufen.
E wie Erhöhung
Viele Lebens- und Rentenpolicen werden jährlich dynamisch erhöht, in der Regel um 5 %. Hintergrund des Ganzen ist der Ausgleich der Geldentwertung. Die liegt langfristig zwar nur bei knapp 2 % pro Jahr, aber nicht jeder Sparer macht die Dynamik seiner Police jedes Jahr mit. So dass die 5 %-Dynamik in etwa passt. Nun ist aber die Frage, ob Sie schlecht verzinste Policen jedes Jahr auch noch zu schlechten Zinsen steigern sollen. Die Antwort: Ja, es lohnt sich, je höher der Garantiezins der Police ist.
Tipp: Selbst bei einem Vertrag aus dem Jahr 2007 mit 2,25 % Garantiezins kann das lohnen. Denn wenn man von einer marktüblichen Renditeminderung von einem Prozentpunkt durch laufende Vertragskosten ausgeht, bleiben unterm Strich gut ein Prozent im Haben. Davon können Sparbuchinhaber nur träumen.
F wie Fondspolice
Nur noch die wenigsten Lebens- oder Rentenpolicen werden „klassisch“ verkauft. Deren aktueller Garantiezins von 0,9 % auf den Sparanteil lässt die Rendite am Ende des Vertrags gegen null oder bei Laufzeiten unter 20 Jahren gar ins Minus laufen. Die meisten Verträge sind heute „kapitalmarktnah“, wollen etwa mit Mischfonds, die wir hier mal mit 3 % Rendite taxieren, mehr erreichen als Klassiker. Ferner sind Fondspolicen in der Regel ganz von Garantien und entsprechend hohen Kosten hierfür befreit. Das Problem sind die laufenden Fondskosten, die allein die Rendite um 1-2 Prozentpunkt mindern können.
Tipp: Schauen Sie vor einem Neuabschluss auf das standardisierte amtlich registrierte Produktinformationsblatt des vergleichbaren RIESTER-Vertrags. Auch wenn sie KEINE Riester-Police kaufen wollen. Der Grund: Nur für staatlich geförderte Riester- und Basisrenten-Verträge gibt es diese standardisierten Blätter bisher. Beispiel: Wollen Sie eine nicht staatlich geförderte Allianz-Rente „Index Select“ kaufen, schauen Sie in diesem Fall auf das technisch entsprechende Allianz-Riester-Produkt bei „Effektivkosten“.
G wie Garantie
Traditionell weisen Lebensversicherer garantierte Leistungen in Eurobeträgen aus: Versicherungssumme (bei Rentenpolicen die „Kapitalabfindung“) bei Erleben, Tod oder jeweils zum Ende eines Versicherungsjahres des Rückkaufswert. In diese Beträge eingerechnet ist der Garantiezins (offiziell Rechnungszins). Hier gilt die Regel: Beiträge + garantierte (Zinses-)Zinsen ergeben den genannten Garantiewert. In neueren klassischen Policen werden nur die eingezahlten Beiträge garantiert – verbunden mit der Hoffnung auf höhere Renditen.
Bei Rentenpolicen auf Fondsbasis werden Rentenfaktoren angegeben, zum Beispiel 30 Euro lebenslange Rente je 10.000 Euro Kapital zu Rentenbeginn. Tipp: Bei Rentenfaktoren genau hinschauen! Oft lässt sich der Versicherer im Kleingedruckten Hintertürchen offen, durch die ein „harter“ Rentenfaktor doch noch vermindert werden kann.
H wie Hochrechnung
Wer im Jahr 2000 eine neue Lebensversicherung kaufte, dem rechnete der Versicherer die Ablaufleistung hoch. Damals galten 6 % Zinsen als marktüblich. Nach Abzug der Kosten (Abschlusskosten/Provisionen, laufende Gebühren) standen dann im Angebot nach 30 Jahren Vertragsdauer rund 230.000 Euro als Endergebnis – natürlich unverbindlich. Rechnete man das Ganze als Neuabschluss mit 3 % Zins vor Kosten, dann kämen nur 137.000 Euro raus. Tipp: Rechnen Sie für Ihre Belange wegen ungewisser Zinsen der Zukunft nur noch mit Garantiewerten, besonders wenn Sie die Ablaufleistung später zwingend benötigen, etwa um einen Baukredit abzulösen!
I wie Indexpolice
Der Begriff Indexpolice ist irreführend. Erstens ist eine Lebens- oder Rentenversicherung immer das, was sie ist: Eine Versicherung, die einer Kapitalanlage einen Mantel gibt – etwa zum Steuern sparen, wenn daraus im Ruhestandsalter später eine lebenslange Rente wird. Zweitens bezieht sich „Index“ auf ebensolche Fonds, die einen Börsenindex abbilden (Stichwort ETF) und die mangels – weil nicht benötigtem – Fondsmanager für den Anleger kostengünstig sind. Das sind die Indexfonds auch. Teuer werden „Indexpolicen“ durch die Kosten des Versicherungsmantels. Denken Sie nur an die Provision, die der Vermittler dafür haben will und bekommt. Deswegen gilt wie bei F wie Fondspolice der Hinweis: Schauen Sie auf die vergleichbare Riester-Police auf das Produktinformationsblatt bei „Effektivkosten“.
J wie Jahresbeitrag
Statt monatlich: Zahlen Sie den Jahresbeitrag! Wollen Sie schnell 5 % verdienen? Zahlen Sie Ihren LV-Beitrag jährlich. Die meisten Versicherer erheben von ihren Kunden 5 % Ratenzuschlag. Rechnen Sie mal mit: Sie zahlen jeden Monat 100 Euro in ihre Police ein: macht 1.200 Euro pro Jahr. Teilen den Betrag durch 105 x 100 = 1.143 Euro kommen in Ihrem Vertrag an. 53 Euro kassiert der Versicherer als Ratenzuschlag. Pro-Tipp: Zahlen Sie vor allem Sachversicherungen wie Hausrat-, Unfall, Autoversicherung möglichst jährlich. Hier kassieren die Versicherer bis zu 8 % Zuschlag! Leichter können Sie keine 8 % „verdienen“.
K wie Kündigung
Die Kündigung ist leichter erklärt als B wie Beitragsfreistellung (siehe oben): Die Sparanteile Ihres Beitrags bilden in Summe bei der klassischen Lebens- oder Rentenversicherung in das sogenannte Deckungskapital. Dieses wird übrigens mit dem Garantiezins verzinst und ergibt am Vertragsende die garantierte Versicherungssumme (oder Kapitalabfindung bei Rentenpolicen). Kündigen Sie den Vertrag, dann kürzt der Versicherer das Kapital um einen Stornoabzug = Rückkaufswert. Hinzu kommt Ihr Guthaben aus den Überschüssen. Beides zusammen bildet die Rückvergütung. Kapitalerträge, ein Überschuss aus Ein- und Auszahlung, müssen Sie versteuern. 25 % des Ertrags zieht der Versicherer als Quellensteuer ab; den genauen Steuerbetrag rechnen Sie über Ihre Steuererklärung mit dem Finanzamt ab.
Tipp: Bevor Sie kündigen, prüfen Sie, ob Sie den Vertrag als Kreditsicherheit hinterlegen können oder direkt vom Versicherer ein Policendarlehen nehmen. Für letzteres können interessierte Verbraucher den nachfolgenden Darlehensrechner der LifeFinance KG nutzen:
Als Alternative zur Kündigung kommt auch der Verkauf der Police in Frage. Seriöse Ankäufer
L wie Lebensversicherung
Der (Ober-)Begriff „Lebensversicherung“ (LV) ist mangels abnehmender Bekanntheit beim Bürger ziemlich out. Nicht wegen flacher Zinsen, sondern weil die Bürger immer mehr mit den LV-Varianten befasst sind. Zum einen etwa die Riester-Rente, sozusagen die halbstaatliche Version der privaten Rentenversicherung, einer LV-Tochter. Zum anderen „Riesters“ Renten-Sparschwester: die Betriebsrente. Letztere ist zumeist eine Variante der Lebensversicherung, selten frei von Spuren derselben (wie bei Fonds in der Chemie-Branche).
M wie Mindestrente
Für die nächste Bundesregierung (im Wartestand: Redaktionsschluss 12. Februar) haben CDU/CSU und SPD sich in ihrem vorgesehenen „GroKo“-Koalitionsvertrag auf eine Mindest-Rentenversorgung geeinigt. Hiervon darf bereits heute geschrieben werden, ist doch eine Mindestrente schon vor Jahren von beiden politischen Lagern gefordert worden. Die Varianten hierzu variieren nicht allzu stark. DAS ist zu erwarten: Rahmenbedingung für eine Mindestrente sind/seien 35 Jahre. So lange sollen Versicherte mindestens Rentenbeiträge gezahlt haben. Ist dann die Rente im Alter kleiner als die Grundsicherung plus 10 Prozent Zuschlag (in Summe rund 770 Euro), dann soll eine „Grundrente“ die Bezüge des Rentners auf eben diese 770 Euro regelrecht auffüllen. Dafür müssten später betroffene Menschen heute noch nicht einmal geriestert haben.
Aber Achtung: Eheleute, das ist ein Systemmangel der Grundrente, könnten leer ausgehen, schreibt der Sozialwissenschaftler Prof. Stefan Sell aktuell. Nämlich dann, wenn beide Partner zwar unter (2 x 770 =) 1.540 Euro Rente bleiben, aber nur der eine (meist der Mann) die 35 Pflicht-Beitragsjahre buchstäblich geschafft hat, und (meist) der Frau deswegen keine Grundrente zusteht. Schlimmer: In der (Sozialgesetzbuch-) Folge bekäme auch der Mann auch keine 70 Euro Grundrenten-Zuschlag, weil er mit seiner Frau eine Bedarfsgemeinschaft (von Hartz IV bekannt) bildet. Das beißt sich die Katze in den Schwanz.
N wie Netto
(Auch) Die GroKo-Pläne als durchgeführt angenommen, sinken die Abgaben der Bürger. Der Rentenbeitrag von 18,7 auf 18,6 Prozent. Die Arbeitslosen-Versicherung fällt um 0,3 Prozentpunkte. Künftig soll sich der Arbeitgeber wieder ganz zur Hälfte am Kassenbeitrag beteiligen. (Bald) Jeweils 25 Euro mehr Kindergeld; und der Solidaritätsbeitrag fällt für „untere“ Einkommen weg. Das ist fiskalisch gesehen, genauer: gerechnet, nicht sehr problematisch, weil kleine Einkommen kaum Soli kosten.
Rechnen wir mal die potenziellen Ersparnisse zusammen. Falls es kommt wie oben und im Koalitionsvertrag beschrieben, würde ein „Normalverdiener“ mit 3.000 Euro Monatsbrutto:
Rentenbeitrag: 1,50 Euro
Krankenkassenbeitrag: 15 Euro
Arbeitslosenversicherung: 4,50 Euro
Soli (Wegfall): 15 Euro
Kindergeld: 25 Euro je Kind
Macht unterm Strich runde 60 Euro mehr Monatsnetto. Mehr Sparen bringt auch mehr Geld und kostet weniger Netto-Aufwand. Angehende Betriebsrentner können über ihren Chef jetzt bis zu 8% der Beitragsgrenze der Rentenkasse in Altersgeld umwandeln. Bis zu 520 Spar-Euro und Monat (im letzten Jahr waren das nur knapp die Hälfte) sind dieses Jahr steuerfrei. Nachrichtlich: Diesbezügliche Ersparnisse bei den Sozialabgaben sind nicht gestiegen.
O wie schön!
Oder „O“ wie Opferlamm. Bauen wird billiger für Familien, plant die GroKo. Angehende Häuslebauer können, wenn das Gesetz dann mal kommt (2018?) künftig mit einem Baukindergeld rechnen: 100 Euro pro Kind und Monat. Zehn Jahre lang. Das macht für Familien samt Baustelle je Kind insgesamt 12.000 Euro mehr Baugeld. So würde es nun ein Politiker ausdrücken. Die Baubranche würde es – Achtung: Meinung des Autors – anders sagen: „Hurra, wir können die Finanzierungen 100 Euro Monatsrate teurer verkaufen! Bei zwei Kindern gar um 200 Euro pro Monat“.
Im Ernst: Zwar kann ein Baukindergeld Familien, die nach dem Eigenheim streben, entlasten. Andererseits bewirken Bargeld-Subventionen meistens höhere Preise. Zu. Vergleich: Als im Jahr 2005 die Eigenheimzulage wegfiel, sanken die Baupreise – und damit auch die Finanzierungskosten. Nachrichtlich: Baukindergeld sollen Familien bis 75.000 Euro Einkommen erhalten. Plus jeweils 15.000 Euro Freibetrag je Kind. Bei zwei Kindern darf die Bauherren-Familie dem Entwurf der GroKo nach bis zu 100.000 Euro verdienen, konkreter: versteuern.
P wie Pflege
Neben großen Maßnahmen bundesweit (mehr Pflegekräfte, mehr Geld), plant die Politik für erwachsene Kinder, die ihren alten Eltern Unterhalt bezahlen müssen, konkrete Neuregeln mit Blick in deren Geldbeutel. Für Pflegefälle soll gelten: Große und Geld verdienende Kinder sollen einen Freibetrag von 100.000 Euro Einkommen haben, bevor sie im Pflegefall den ersten Euro Kosten ihrer mittellosen oder bedürftigen Eltern bezahlen müssen. Zurzeit werden „Kinder“ schneller zum Elternunterhalt herangezogen.
Q wie Quatsch
Achtung: Meinung des Autors! Quatsch haben die Verbraucherschützer des VZBV-Verbands am 3. Januar bundesweit rePRESSual abgeliefert. Und das ist noch höflich gesagt. Weil der Verband ohne wirklich Mathematik zu bemühen behaupten, die Riester-Rente sei noch „fast immer zu teuer“. In kürzester Kürze erklärt: Der VZBV sagt, die Riester-Rente dürfe über die Laufzeit, oft rund 30 Jahre, unterm Strich nur 0,65 Prozent Kosten (präziser: Renditeminderung) haben.
Der Verband habe hierfür – für Riester – eine „rechnerische Basis geschaffen“. Nein: Ohne Spuren von Mathematik. Man nahm dort lediglich Uralt-Zahlen und 4% (in Worten: „vier“) Zinsen des Rentenversicherungs-Berichts der Bundesregierung etwa per Stand 2002, das ist mehr als 15 (auch Zins-)Jahre her. Und verglich sodann 4%-Phantasie-Zinsen sie mit Pflicht-Angaben der Versicherer des Jahres 2018, die für den VZBV zudem nicht gelten. Und die keine sicheren 4% Zins zaubern können.
R wie Reste-Rampe
Die Großanbieter Ergo und Generali stellen ihr Neugeschäft für Lebensversicherung im Jahr 2018 ein. Beide kommen auf gut 9 Millionen Bestands-Policen Leben. Beide woll(t)en, glaubt man den Presseberichten, ihre teuren, weil Zins-Geld kostenden, Altpolicen auf der Resterampe loswerden, also an Aufkäufer verkaufen. Neudeutsch nennt sich das Englisch verfremdworterisiert „Run-Off“. Nun wolle die Ergo ihre alten Verträge doch in eigener Regie weiterführen … der gute Ruf in der Öffentlichkeit und so… , das sagen neuere Nachrichten. Tatsächlich stimmten die Abkauf-Preiserwartungen der Ergo des teuren Altpapiers nicht mit den Angeboten überein, munkeln Branchen-Auguren.
S wie Standard-Riester
Oder „B“ wie Bombe! In den Koalitionsvertrag haben die beiden-drei Großparteien CDU/CSU und SPD hineingepackt (auf Seite 92, Zeile 4292): „Es ist ein Dialogprozess mit der Versicherungswirtschaft anzustoßen mit dem Ziel einer zügigen Entwicklung eines attraktiven standardisierten Riester-Produkts.“ Zitat Ende. Stand 7. Februar 2018. Die gute Nachricht für die Versicherungs-Lobby: Der Riester (die Rente) wird NICHT zurück in die staatliche Rentenkasse getragen (dann könnte man die Riester-Rente samt deren Gesetze ja fast gleich rückabwickeln und das Jahr 2002 ungeschehen machen).
Die schlechte Nachricht für die Versicherer: Die (kommende?) Regierung will den Bürgern einen kostenschlanken Riester-Vertrag als „standardisiertes“ Produkt anbieten. Kürzer: Billiger muss Riesters Rente werden. Zwar dauert es noch. Und vorher brauchen wir eine Regierung und dann die Gespräche mit den Versicherern. Aber final und fast wahrscheinlich ist eine Riester-Rente für alle zu erwarten. Billig bei den Kosten, geführt in einem großen Topf der Versicherer, die daran trotzdem auskömmlich Geld verdienen. Die aber – das ist deren Vorteil – alte und teure Riester-Policen in den Topf abschieben können: Aber dieses Mal zum Vorteil des Kunden. Weil der dann von geringeren Kosten mit profitierte. Zukunftsmusik oder logischer Schluss? Wir sprechen und in einem Jahr.
PS. Und warum „B wie Bombe“: Für den Vertrieb, Versicherungsagenturen …, ist die Standard-Riester-Rente eine Zeitbombe. Für deren Geldbeutel. Weil sie um ihre Provision fürchten müssen (nicht müssten: müssen).
T wie Twitter
Ach, wer liest schon Twitter? Nein, die breite Masse: Nicht. Aber Fachleser, solche, die Fach-Twitterer verfolgen. Und damit prägen Fach-Twitterati die Branchen-Stimmung, die neben der zugegeben kleinzahlig geklickten Fachpresse auch von der „großen“ Journalie von F.A.Z.-Redakteuren über „Handelsblatt“ bis „WELT“ und „WiWo“-Schreibern gelesen und damit die breite Presse geprägt wird = die der Bürger wahr nimmt.
Zum Beispiel Klaus-Peter Kussmann, ein Ehemaliger der Volksfürsorge Lebensversicherung in Hamburg (heute Generali: die Versicherung, die keine neuen Leben-Policen mehr verkauft und alte Verträge auf die Reste-Rampe schickt. Siehe „R wie Resterampe“. Auch ihren eigenen Leuten versagt die heutige Generali nach Angaben die korrekt berechnete Betriebsrente, sagt Kussmann auf seiner Themen-Webseite Keinesorge(, … ((ehemals)) Volksfürsorge.org.
U wie unterkalkuliert
„Unterkalkuliert“ das ist ein sehr, sehr, sehr Wort. Eines, das gestandene Versicherungs-Mathematiker („Aktuare“ genannt) als Sachverständige zu Vertragswerken verwenden, bei denen sich die Rechner der Versicherungen aus Aktuar-Sicht schlicht verrechnet haben. Eine ebenso höfliche wie wenigstens zwischen den Zeilen deutliche Kritik dazu äußert Michael Franke, Chef des Ratinghauses Franke und Bornberg, Hannover. Er schrieb am 15. Januar in seinem Firmen-Blog etwa zu den Preissteigerungen der WWK-Lebensversicherung, die zuletzt ihre Beiträge für Policen bei Berufsunfähigkeit (also wenn Versicherte krank BLEIBEN) um bis zu 40 Prozent erhöht hat.
V wie VWL
Es scheint zurzeit eine Modefrage zu sein: Kann ich Vermögenswirksame Leistungen (VWL) über den Chef in einen Riester-Zuschuss „umbeamen“. Kurze Antwort: Ja. Wenn Chef, MitarbeiterIn und Versicherer den arbeitsrechtlichen Papierkram korrekt erledigen. Bereits vor gut zehn Jahren hat die IG Metall dazu einen Tarifvertrag gemacht. Und was die Metaller dürfen, das darf jeder.
Nur lohnt sich VWL, die in Altersversorgung („AVWL“) verwandelt wird nicht für den Werktätigen. VWL „umgeriestert“ bringen nur rund 35 Euro Rente. Wenn der Arbeitnehmer die VWL in Pensionskasse (Betriebsrente) packt, dann kommen 100 Euro Rente raus. Fast das Dreifache, wenn jemand richtig rechnet.
W wie WWK
Deutscher Kosten-Rekord! Die WWK-Lebensversicherung ist Stand Februar der „teuerste“ Riester-(Lebens-)Versicherer. Dem offiziellen Preisblatt nach, nimmt die WWK in ihrem teuersten Fonds erstmal 3,22% Kosten, bevor der erste Spar-Euro für den Riester-„Anleger“ (<= diesen Begriff deuteln Verbraucherschützer ganz wichtig, wichtig, wichtig) den ersten Zins-Cent für die Rentenkasse des „Anlegers“ abwirft.
Wer es nicht glaubt, hier im Bild: 3,22 Prozent Effektivkosten:
X wie U
jjj
Y wie YES
Doch, ja. Sparen lohnt: yes. Alte Lebensversicherungs-Policen: bitte behalten. Warum? Wegen der alten Zinsen, weil sie heute noch und bis zum Ende der Police gelten werden! Der Zins-Höhepunkt für die Verbraucher war das Abschluss-Jahr bis 2000. Zu dieser Zeit gaben und versprachen und verpflichteten sich die Versicherer per Vertrag(!), für jeden Spar-Euro 4 Prozent Zins zu bezahlen, abzüglich Kosten. Das ist bald 18 Jahre her. Genauer: Es ist kostentechnisch 13 Jahre her. Denn spätestens nach 5 Vertragsjahren hatte der Kunde seine wesentlichen Kostenlasten (die Abschlusskosten: PROVISION für den Verkäufer) erledigt = bezahlt.
Seitdem spätestens produzieren diese Policen vier Prozent Zinsen auf das (netto nach bezahlten Kosten gültige) Guthaben. Jahr für Jahr. UND: Neue Policen kaufen. Aber danke fürs Mitspielen.
Riester-Rente: Ja, vor allem, je mehr Kinder die Familie hat und maximal 2 Prozent „Effektivkosten“ im Sinne der offiziell erstellten „Produkt-Informationsblätter“ (PIB). Warum nur bis 2 Prozent Kosten? Weil die Wahrscheinlichkeit einer Rendite über 2% (merke: garantierter) Kosten eher abnimmt. Weil dann der Geldtopf des Versicherers halt mehr als 2% „Zins“, genauer Rendite, erwirtschaften muss … was bei höheren garantierten Kosten von etwa 3+ Prozent eher weniger wahrscheinlich einer Rendite am Kapitalmarkt erwarten lässt. Mal logisch geschlossen.
Wer verschiedene Tarife zur Riester-Rente vergleichen will, dem sei der nachfolgende Vergleich der Finanzen.de AG ans Herz gelegt:
Betriebsrente: Lohnt neu abgeschlossen fast immer ab 2018. Weil der Arbeitgeber für neue Verträge seit diesem Jahr 15% Pflichtzuschuss geben muss. Für bestehende Betriebsrenten aus Arbeitnehmer-Geld gilt das ab 2022 ebenfalls.
Z wie Zins
Machen wir das kurz. Merke: Egal ob Riester, private oder Betriebsrente der (meistens) Lebensversicherung. Aktien-Anlagen kosten mehr Kosten, garantiert. Dafür versprechen Aktien als Anlage-Inhalt mehr Zins (Rendite). Das klappt aber nur, wenn die Ergebnisse von Aktien-Vehikel (Fonds oder ETF-Fonds) größer sind als die Kosten. Wenn Sie mehr als 10 Jahre bis zur Rente haben: Scheuen Sie Garantien: Ja, bei Riester und der herkömmlichen Betriebsrente sind Garantien eine gesetzliche Pflicht! Nicht aber bei der neuen „Nahles-Rente“ (kommt als Produkt in diesem Jahr über die Tarifpartner) und nicht bei der (Prof.) „Rürup“-Basisrente. Achten Sie dort auf die Kosten – formell die sog. Effektivkosten, die die Versicherer angeben müssen Fragen Sie danach – bevor Sie kaufen!
Autor: Markus Rieksmeier