Bei der Abgeltungssteuer handelt es sich um eine Steuer, bei der erstmalig in Deutschland Zinsen, Dividenden und Kursgewinne besteuert werden.
Die Abgeltungssteuer gilt seit Januar 2009 mit einem Steuersatz von 25% zuzüglich Solidaritätszuschlag und – wenn abzuführen – Kirchensteuer auf alle oben genannten Ertragsarten.
Dabei wird der entsprechende Betrag von der depotführenden Bank oder der Investmentgesellschaft einbehalten und direkt ans Finanzamt abgeführt.
Mit der Einführung der Abgeltungssteuer entfiel dann auch das seit 2001 geltende Halbeinkünfteverfahren.
Bei dem bis Ende 2008 geltenden Halbeinkünfteverfahren wurden nur 50% aller aus Kapitalanlagen erzielten Gewinne steuerlich berücksichtigt und auch nur dann, wenn zwischen An- und Verkauf weniger als 12 Monate lagen.
Zielsetzung der Einführung der Abgeltungssteuer war eine vollständige Erfassung und gleichmäßige Besteuerung aller Arten von Kapitalerträgen. Die vollständige Liste aller unter die Abgeltungssteuer fallenden Kapitalerträge umfasst:
- Zinseinnahmen
- Dividenden
- Kursgewinne
- Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften
Besonders der letzte Punkt ist sowohl Anlegern als auch Verbraucher- und Aktionärsverbänden ein Dorn im Auge, denn vor Einführung der Abgeltungssteuer mussten Gewinne aus dem Verkauf von Aktien, Zertifikaten, Fonds oder anderen Wertpapieren nur dann besteuert werden, wenn zwischen An- und Verkauf weniger als 12 Monate lagen.
Seit 2009 sind nun auch solche Veräußerungsgeschäfte mit der geplanten Abgeltungssteuer belegt, bei denen zwischen An- und Verkauf mehr als 12 Monate liegen und bei denen bis zu deren Einführung die erzielten Gewinne steuerfrei waren.
Besonders interessant für langfristig orientierte Anleger ist dabei die Tatsache, dass die Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte nur für Wertpapiere und Anlagen gilt, die seit 2009 gekauft wurden. Eine Ausnahme davon bilden Zertifikate, worauf wir in unserer Übersicht weiter unten noch eingehen werden.
Bei allen Geld- und Kapitalanlagen, die bis Ende 2008 erworben wurden, sind die erzielten Gewinne nach Ablauf der zur Zeit gültigen Spekulationsfrist von 12 Monaten auch nach Einführung der Abgeltungssteuer steuerfrei.
Als steuerliche Bemessungsgrundlage für die Abgeltungssteuer dienen die Bruttoerträge nach Abzug des Sparer-Pauschalbetrages aus Sparerfreibetrag und Werbekostenpauschale.
Um Anleger, deren persönlicher Steuersatz unterhalb der abgeführten 25% liegt, nicht zu benachteiligen, können diese zuviel einbehaltene Steuern im Rahmen ihrer jährlichen Steuererklärung vom Finanzamt zurückerstattet bekommen.
Anleger und Sparer sollten ihre Kapitalanlagen auch unter dem Aspekt der Abgeltungssteuer prüfen oder prüfen lassen und gegebenenfalls ihre Depots unter steuerlichen Gesichtspunkten optimieren, in dem zum Beispiel thesaurierende Fonds mit sehr langer Laufzeit ins Depot gelegt werden, da die daraus erzielten Kursgewinne bei einer Veräußerung nach mehr als 12 Monaten auch dann noch steuerfrei sind, wenn die entsprechenden Wertpapiere bis zum Ende 2008 gekauft wurden.
Interessant ist, daß es trotz einheitlichen Steuersatzes und geplanter Vereinfachung auch bei der Abgeltungssteuer eine Reihe von Sonderfällen gibt, welche wir Ihnen auf der nachfolgenden Seite vorstellen:
Sonderfälle bei der Abgeltungssteuer >>>
Für ausgewählte Anlageformen oder Situationen haben wir die abgeltungssteuerlichen Besonderheiten in einzelnen Ratgebern für Sie aufbereitet:
- Abgeltungssteuer bei Depotübertrag >>>
- Abgeltungssteuer auf Stückzinsen >>>
- Abgeltungssteuer bei Discountzertifikaten >>>
- Abgeltungssteuer bei Gold >>>
- Abgeltungssteuer bei Optionsscheinen >>>
- Abgeltungssteuer bei Zero-Bonds >>>
- Abgeltungssteuer und Werbungskosten >>>
Wie kann man die Abgeltungssteuer umgehen?
Interessant ist die Variante einer wertpapiergebundenen Lebensversicherung. Hier wird innerhalb eines Lebensversicherungsmantels ein Depot eröffnet, in welchem der Anleger derzeit über 7.000 Fonds mit 100 Prozent Rabatt auf den Ausgabeaufschlag sowie fast alle an deutschen Börsen zugelassenen Wertpapiere wie Aktien, Zertifikate oder Anleihen erwerben kann. Transaktionen innerhalb dieses Depots bleiben steuerfrei, so dass die erzielten Gewinne ohne Abzüge reinvestiert werden können, was den Zinseszinseffekt maximiert. Läuft der Versicherungsvertrag mindestens zwölf Jahre und ist der Sparer bei Auszahlung desselben älter als 60 Jahre, wird nur die Hälfte des Ertragszuwachses – also der im Depot erzielten Gewinne – mit seinem persönlichen Steuersatz versteuert.
Eine weitere Möglichkeit, der Abgeltungssteuer zu entgehen, boten Dachfonds. Wer als Anleger vor dem 01.01.2009 in einen solchen Dachfonds investiert hat, kann die daraus resultierenden Gewinne steuerfrei vereinnahmen, sofern die Haltedauer mehr als zwölf Monate beträgt. Mehr Informationen zu den Vorzügen von Dachfonds im Rahmen der Abgeltungssteuer finden interessierte Leser auf der folgenden Seite:
Dachfonds >>>
Um dem Anleger die steuerliche Betrachtung der einzelnen Anlageformen zu erleichtern, haben wir die Auswirkungen und Änderungen für die wichtigsten Anlageformen nachfolgend aufgeführt:
Anlage-/Sparform | Besteuerung bis Ende 2008 | Besteuerung ab 2009 |
---|---|---|
Anleihen |
Übersteigen sie den Sparerfreibetrag von derzeit 801 Euro für Alleinstehende und 1.602 Euro für Verheiratete, sind Zinseinkünfte aus Anleihen voll zu versteuern. Kursgewinne aus Anleihen, die innerhalb der zwölfmonatigen Spekulationsfrist erzielt wurden, sind ebenfalls mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern, wenn sie über dem Freibetrag von 511,99 Euro liegen. |
Alle Zinserträge und Kursgewinne aus Anleihen werden unabhängig von der Haltedauer der Papiere mit der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und eventuell anfallender Kirchensteuer belegt, welche direkt von den Banken an das zuständige Finanzamt abgeführt wird. Bei den Zinserträgen gilt weiterhin der Sparerfreibetrag wie links beschrieben. Liegt der Steuersatz des Anlegers unterhalb der abgeführten 25 Prozent, bekommt er die zuviel abgeführte Steuer im Rahmen der Einkommenssteuer-erklärung zurückerstattet. |
Aktien |
Derzeit gilt für Aktien das so genannte Halbeinkünfteverfahren, nach welchem Gewinne aus der Veräußerung von Aktien innerhalb der zwölfmonatigen Spekulationsfrist, welche den Freibetrag von 511,99 Euro übersteigen, nur zur Hälfte mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern sind. Gewinne aus dem Verkauf von Aktien, welche länger als zwölf Monate gehalten wurden, sind steuerfrei. Das Halbeinkünfteverfahren gilt auch für Dividenden. Sie müssen jedoch immer versteuert werden, sobald ihre Höhe bzw. die Summe aller Zinserträge innerhalb eines Jahres den derzeitigen Sparerfreibetrag übersteigt. |
Werden Aktien nach dem 01.01.2009 gekauft, unterliegen sowohl Kursgewinne als auch Dividenden in vollem Umfang der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent zuzüglich Solidaritäts-zuschlag und eventuell anfallender Kirchensteuer. Bei Dividenden gilt allerdings ebenso wie für alle anderen Zinserträge weiterhin der Sparerfreibetrag, innerhalb dessen sie steuerfrei vereinnahmt werden können. Hat der Anleger einen Steuersatz von weniger als 25 Prozent, kann er sich die zuviel abgeführten Steuern im Rahmen der Steuererklärung zurückerstatten lassen. |
Fonds |
Für Fonds gilt dieselbe Spekulationsfrist wie für Aktien. Werden Fondsanteile länger als zwölf Monate gehalten, sind daraus erzielte Kursgewinne steuerfrei. Handelt es sich um einen thesaurierenden Fonds, der sämliche Dividenden sofort reinvestiert, müssen auch diese nicht versteuert werden. Bei ausschüttenden Fonds, die Dividenden an die Fondsanleger ausschütten, gilt dasselbe wie bei Aktien: sie müssen nach dem Halbeinkünftverfahren versteuert werden, wenn ihre Höhe den Sparerfreibetrag übersteigt. Beim Verkauf von Fondsanteilen innerhalb der zwölfmonatigen Spekulationsfrist müssen erzielte Gewinne ebenfalls nach dem Halbeinkünfteverfahren versteuert werden. |
Alle Fondsanteile, die sich bis zum 31.12.2008 im Depot der Anleger befinden, werden auch ab 2009 nach der bisher gültigen, links beschriebenen, Regelung versteuert. Bei Fondsanteilen, die nach dem 01.01.2009 erworben wurden, werden die beim Verkauf erzielten Gewinne sowie die bei ausschüttenden Fonds vereinnahmten Dividenden unabhängig von der Haltedauer der Abgeltungssteuer unterworfen. Auch vom Fonds ausgeschüttete Gewinne aus Veräußerungs-geschäften von Wertpapieren sind dann nicht mehr steuerfrei. Eine Ausnahme hiervon stellen Dachfonds dar. Bei diesen werden die bei einzelnen Umschichtungen durchs Fondsmanagementerzielten Erträge nicht sofort, sondern erst beim Verkauf der Fondsanteile besteuert. |
Immobilien | Verkäufe von vermieteten Immobilien sind nach Ablauf einer zehnjähigen Haltefrist steuerfrei. Die Mieteinnahmen aus einer solchen Immobilie unterliegen dem Progressionsvorbehalt und erhöhen das zu versteuernde Einkommen. Wohnungen oder Immobilien, welche eigengenutzt werden, können auch innerhalb der Frist von 10 Jahren jederzeit veräußert werden, ohne dass auf die erzielten Gewinne Steuern zu entrichten sind. | Für den Verkauf von Immobilien sowie offenen und geschlossenen Immobilienfonds ändert sich auch durch die Abgeltungssteuer nichts! Einnahmen aus Miete und Verpachtung erhöhen weiterhin nur das steuerpflichtige Einkommen und nach Ablauf der zehnjährigen Haltefrist können vermietete Immobilien weiterhin steuerfrei veräußert werden. Eigengenutzte Immobilien können wie bisher sogar jederzeit steuerfrei weiterveräußert werden. |
Lebensversicherungen |
Bei Lebensversicherungen unterscheidet man Verträge, die vor 2005 und solche, die danach abgeschlossen wurden. Wurde eine Lebensversicherung vor 2005 abgeschlossen, so sind die daraus erzielten Erträge nach zwölf Jahren steuerfrei. Bei Versicherungen, die ab 2005 abgeschlossen wurden, ist bei Auszahlung oder Rückkauf die Differenz zwischen der erfolgten Auszahlung und den geleisteten Beiträgen mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Läuft der Vertrag länger als 12 Jahre oder erfolgt die Auszahlung erst ab einem Mindestalter von 60 Jahren, muß nur die Hälfte der Differenz zwischen Auszahlung und allen erfolgten Einzahlungen versteuert werden. |
Bei Lebensversicherungen, deren Vertrag mindestens 12 Jahre läuft und die frühestens mit 60 Jahren ausgezahlt werden, ändert sich nichts im Vergleich zu den bisherigen Regeln. Bei allen Verträgen, die diese Bedingungen nicht erfüllen, unterliegen die gesamten Gewinne (Auszahlung – Einzahlungen) der Abgeltungssteuer. |
ZertifikateGewinne aus dem Verkauf von Zertifikaten, welche Zins- und Dividendenerträge in Kursgewinne umwandeln, sind steuerfrei, wenn der Verkauf außerhalb der Spekulationsfrist von zwölf Monaten erfolgt. Für Zertifikate, bei denen der Emittent eine Kapital- oder Zinsgarantie abgibt, gilt diese Regelung nicht. Diese Produkte gelten als so genannte Finanzinnovationen und die mit ihnen erzielten Gewinne müssen komplett mit dem persönlichen Steuersatz versteuert werden, sobald ihre Summe den Sparerfreibetrag übersteigen.Für Zertifikate gilt als einzige Anlageform eine Ausnahme vom Bestandsschutz. Alle nach dem 14.03.2007 erworbenen Zertifikate dürfen selbst nach Ablauf der zwölfmonatigen Spekulationsfrist nur bis zum 30.06.2009 steuerfrei verkauft werden. Wird ein solches Zertifikat zu einem späteren Zeitpunkt verkauft oder wurden die Zertifikate erst nach dem 01.01.2009 gekauft, unterliegen die mit ihnen erzielten Gewinne in vollem Umfang der Abgeltungssteuer.